8. Oktober 2015

Die Reise - von Knurrbär



Die Reise - von Knurrbär

Mach doch mal eine Reise hatte Jean-Pierre zu ihm gesagt. Zum Abschied nach einem Nachtessen und ein paar Bier. Kurz bevor sich die Türe des Autobusses schloss und er sich einen freien Sitzplatz suchte.
Es musste schon sehr lange her sein, die letzte Reise, an die er sich er sich erinnern konnte. Damals noch mit Eveline und den drei Kindern. Die Reise nach Ungarn und Österreich.
Und jetzt ? Frau ganz weg. Kinder auch weg, wenn auch nicht ganz. Aber immer mehr und immer öfter. Kein Hund mehr, keine Katze mehr. Kleine Zweizimmerwohnung im siebten Stock, Fernseher, 3 Pfannen und Geschirr für 4 Personen, ein eBike und noch 8 Jahre bis zur Pensionierung.
Eine Reise. Mach doch eine Reise.  Diese Worte. Die Gedanken drehten und liessen nicht los. Sie liessen sich nicht so einfach verscheuchen.
Hochzeitsreise, Schulreise, Traumreise,  Gedankenreise, Ferienreise, Kreuzfahrtreise, Kreuzzugreise, Pilgerreise, Kulturreise, Ballermannreise, Alternative Reise, Luxusreise, All-inclusice-Reise, Geschäftsreise, Jungfernreise – zumindest bei Schiffen, Gullivers Reise oder die endlose Reise und dann halt auch irgendeinmal für jede und jeden -  die letzte Reise. Reisen mit einem Anfang und einem geplanten Ende und Reisen mit nur einem geplanten Anfang und offenen Ausgang. Und dann die Reisen mit dem letzten ultimativen Ende, Verfall- oder Ablaufdatum. Punkt. Fertig.
Hab ich überhaupt noch einen Koffer? Und der Pass, ist der überhaupt noch gültig? Wer reisen will braucht Koffer und Ausweispapiere. Bargeld oder besser auch noch eine Kreditkarte. Ein Fotoapparat wäre auch ganz gut. Danach alles nochmal ganz gemütlich anschauen, sortieren oder löschen. Es ist gut, gewisse Dinge zu löschen. Auch Erinnerungen und auch Fotos. Einfach weg. Klick und dann bei „Sind sie sicher ?“ einfach ja.
Soll es wieder Ungarn und Österreich sein ? Hat sich sicher vieles massiv verändert dort. Alles nochmals aufwärmen, was damals war und was immer noch tief in der Seele drin nagt. Oder was ganz anderes, neues. Sonne, Meer, Strand, Dünen in einem Hotel mit Balkon und Sicht zum Wasser und nochmals Sonne. Eine Reise mit Flugzeug und langen schönen Wanderungen am Meer entlang.
Oder eine Reise zu den Indianern nach Amerika. Unterwegs auf endlosen staubigen Strassen vorbei an Kaktussen und kantigen einprägsamen Felskulissen, welche wir alle aus den wunderschönen Western kennen. Bis am Horizont Las Vegas auftaucht und dich wohlig in farbige Neon- und Lügenwelten einhüllt.
Die Bustüre öffnet sich. Ein kühler Wind empfängt und regt zu raschem Schritt an.
Es tut gut, die weiche Matratze zu spüren. Es tut gut, dem eigenen tiefen Atem zuzuhören. Das hilft. Das hat schon oft geholfen. Mein Schnarchen stört keinen und an das leise Ticken des Zeigers im Wecker hab ich mich gewöhnt. Wir haben eine ganz gute Beziehung, mein Wecker und ich. Jedenfalls bis am Morgen früh.
Der Morgen war wie jeder Morgen. Wecker, Kaffee, Müesli, Douche, die Siebmienuhrnachrichten und zu viele verschiedene Parfumwolken im Bus. Und dennoch war dieser Morgen ein anderer als die üblichen. Er nahm sich ein paar Minuten mehr Zeit, mehr Zeit als sonst.
Es gibt Personen, die reisen hierher - zu uns. Und es gibt Menschen, die reisen weg von hier. Ungleich viele in die eine wie in die andere Richtung. Wenigstens ungleich lang in der geplanten oder ungeplanten Dauer.  Andere Motivation, andere geplante oder ungeplante Zeitdauer eben halt. Reisende sind nicht immer nur “Gutmenschen”. Weder die einen noch die andern. Reisende sind immer auch ein bisschen bei sich selbst in einer andern Welt. Die einen wie die andern. Ich will ich sein, ich will bei mir sein ! Ich will merken, ob ich da, wo andere hin wollen noch immer hingehöre und da wo andere wegwollen noch immer nicht hingehöre. Ich will herausfinden, was meine Nachbarn oder Nachbarn der Nachbarn denken und fühlen. Ich will spüren, was meine Freunde oder Freunde der Freunde denken und fühlen. Ich will merken, ob mein lieber Gott der liebe Gott ist, den ich wirklich mag oder nicht und ob ich das wirklich auch merke und in Konsequenz tue. Und ich will herausfinden, was das mit mir zu tun hat und wie ich mich dabei fühle. Und erst dann will ich mich entscheiden, ob ich reisen will und wohin ich reisen will oder was mir an Reisenden in unserem Land gefällt oder halt auch einfach missfällt oder manchmal oder oft nervt oder mich verunsichert, dahingehend, dass ich meine, unser Land ist unser Land und das Land anderer ist ihr Land und dass wir das einfach nie vergessen sollten, weil wir sonst uns selber und unsere Wurzeln und unsere Heimat vergessen. Mögen sie alle von Globalisierung oder Sozialisierung träumen und erzählen. Sie haben am Ende doch nur eines im Sinn: dass wir alle dieselben Güter einkaufen und dieselben Glücksgefühle dabei entwickeln und dabei meinen, wir seien Individuen. Oder vielleicht wollen sie gar, dass wir uns uns eben nicht verstehen und mögen. Dann gibt es daraus in der Konsequenz andere Güter, welches ich in der Folge produzieren und verwenden lassen und von deren Folgen wir dann in den Nachrichten empört oder einvernehmend Kenntnis nehmen können. Und da blieb die Frage im Raum stecken: müssen mich denn alle mögen, zu denen ich reise und muss ich alle mögen, die zu mir reisen ?

An dieser Stelle legt der Autor den Stift zur Seite. Die Geschichte scheint ihm zu entgleiten. Die Hauptfigur entwickelt eine kaum mehr zu kontrollierende Eigendynamik.

https://www.youtube.com/watch?v=CPpUc1roxfY  Rammstein Clip Reise Reise twin towers

Es gibt jetzt nur noch eines … Hier kommt die Sonne, eine Reise und die Sonne
https://www.youtube.com/watch?v=hvV5SYMRhlg   Rammstein – Sonne

 

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Die Reise - von Zebramanguste

Die Reise - von Zebramanguste


Es sei, je nach Situation, entspannend, lehrreich, interessant, toll, intensiv, erlebnisreich und ab und zu auch anstrengend und mühsam... das Reisen, hört und liest man. Entscheidet selbst zu welcher Kategorie diese Reise zählt!

2 Kollegen, Kurt und Urs, planten eine Tagesreise. Seit längerer Zeit machten sie jedes Jahr einmal eine Tagesreise und bisher stand jeweils das Wandern im Vordergrund.
Diesmal sollten möglichst viele, verschiedene Transportmittel die Reise abwechslungsreich machen:
Anfahrt mit Bahn ab jeweiligem Wohnort nach Meiringen, dort um 08.52 Uhr Abfahrt mit dem Postauto bis Susten Steingarten; Postautowechsel und Fahrt nach Göschenen. Bahnfahrt nach Flüelen und Schifffahrt nach Luzern, inkl. Mittagessen. Rückfahrt mit der Bahn von Luzern nach Bern.
Die Fahrt mit dem Postauto war sehr beeindruckend. Herrliches, spätsommerliches Wetter mit dem stahlblausten Himmel den man sich nur vorstellen kann. Haltestelle Steingarten; Pause und warten auf das andere Postauto. Sie beschlossen sich zu stärken, einen Kaffee zu trinken und einen Nussgipfel zu essen. Urs erzählte von einem Vorfall, von einem Unfall, der sich vor vielen Jahren ganz in der Nähe, etwas oberhalb des Restaurant ereignete: Der Grossteil eines Munitionslager war damals in die Luft geflogen und die Explosion hatte einen Riesenkrater in den Boden gerissen, den man noch heute gut sehen könne… nur wenige hundert Meter vom Restaurant entfernt.
Sie beschlossen die Planung leicht anzupassen, eine Postautoverbindung zu überspringen, um zu sehen was unterhalb der Gletscherzunge von diesem Unglück noch zu sehen war.
Kurz darauf liefen die Beiden am Steinseelein vorbei, welches mit milchig grün-grauen Farbe
andeutet, wie eiskalt das Wasser war…


… plötzlich verschwindet die Sonne hinter einem grossen, langgezogenen und düsteren Wolkenband.
Fast augenblicklich wird es massiv dunkler, bedrohlich und vor allem viel kälter… Weltuntergangs-stimmung.
Die Farbe des kleinen Sees verändert sich von Minute zu Minute dramatisch: grosse, schaumgekrönte Wellen schlagen wütend und grollend gegen das flache Ufer und überschwemmen das umliegende Geröllfeld.
Auch die gletscherblaue Gletscherzunge verdunkelt sich, nimmt die düstere Farbe des Himmels an beginnt plötzlich zu wachsen. Sie verschlingt in der Bewegung Alles was vor ihr liegt und bewegt sich dabei zischend und keuchend den Berg herunter.
Kurt und Urs verstecken sich, so gut es geht, hinter einem grossen, grauen Felsbrocken. Dieses Steinmonstrum entpuppt sich aber als grosses, sich träge erhebendes Mammut, welches die Beiden interessiert anstarrt und sich offenbar nicht entscheiden kann, ob es angreifen oder davon trotten soll.
Jetzt ergreifen sie definitiv die Flucht… torkeln im Laufschritt über die Geröllhalde, über die lockeren Steine, die unter ihren Füssen zu Rolling Stones, zu rollenden Steinen werden. Die Bewegung des Untergrundes lässt sie fast gleichzeitig taumeln und schliesslich hinfallen. Ohne etwas dagegen tun zu können, werden sie, wie auf einem Rollteppich, in Richtung Abgrund befördert, der sich bereits gut sichtbar vor ihnen auftut. Keine Chance sich aufzurichten sich in Sicherheit zu bringen.
Plötzlich abgrundtiefes Fauchen in der Nähe: ein prähistorischer Säbelzahntiger schleicht sich  geduckt hinter eine kleine Felsformation, wo er gemein blickend auf die Szene schaut, die sich jetzt eröffnet:
Grosser Lärm, riesige Rüsseltiere, eine Mischung aus Elefanten und Mammuts, mit riesigen Körben auf dem Rücken, tauchen hinter der Felsformation auf. „Hannibal, der auf Elefanten die Alpen überquert“, kommt es bei Kurt und Urs fast gleichzeitig über die ausgetrockneten Lippen.
Immer schneller geht es auf dem sich bewegenden „Rollband in Richtung Abgrund.
Plötzlich schiessen heisse, über hundert Meter hohe Flammenschwerte aus dem Boden und drohen Kurt und Urs zu versengen.
Weniger als 50 Meter trennen die Beiden vom unvermeidbaren Sturz in den Abgrund. Ein flammender Blitz, begleitet von lautstark grollendem Donner, zuckt als der freie Fall von Kurt und Urs einsetzt…
Kurt und Urs rieben sich kopfschüttelnd die Augen, schauten sich fragend in der Gaststube um und konnten nicht begreifen, was mit ihnen passiert war.
Wortlos tranken sie ihren Kaffee fertig, tupften mit feucht gemachten Fingern die Blätterteigreste der Nussgipfel von ihren Tellern auf, bezahlten und gingen schweigend hinaus. Keiner sprach ein Wort.
Schon nach wenigen Minuten näherte sich das Postauto vom Urnerland kommend und wendete auf dem grossen Platz vor dem Haus.
Sie bestiegen das Postauto und genossen den Rest der Reise, indem sie sich immer wieder staunend über neue Naturwunder freuten, die wie auf einer riesengrossen Leinwand an ihnen vorbeizogen wurden.
Gegen Ende des Tages beschlossen sie über ihre Reise zum Seelein mit Niemandem zu sprechen, beschlossen diese Geschichte für sich zu behalten.
Aber beide waren sich einig, dass sie genau diese Reise nächstes Jahr noch einmal machen werden... und am Steingletscher entscheiden würden, ob sie direkt ins nächste Postauto umsteigen  oder...


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4. Juni 2015

Kein Thema ! von Knurrbär

Kein Thema ! - Walter / von Knurrbär


Kein Thema !

Was ist Thema und was ist kein Thema und was ist absolutes no-go Thema. Für mich. Für die andern. Für die ganz andern. Walter kratzt sich am Kopf, am Bauch, am Rücken und diskret ein bisschen am Po. Es juckt in letzter Zeit – nicht immer – aber es juckt immer öfter. Und dennoch befasst sich Walter mit dem Thema, dass Thema ein Thema sein kann oder halt auch nicht.

„Kein Thema“ ist arrogant, abgehoben und einfach nur frech. Da zwingt einer doch einfach dem andern auf, über was gesprochen wird und über was nicht. Halloo! Lass ich mir doch nicht gefallen. Ich nicht !

Warum heisst Du Walter, Walter? Fragt einer und lächelt. Süffisant, verspielt aber auch einfach ein bisschen frech und vorwitzig und sehr provokant noch dazu. Und ich soll jetzt darauf antworten, soll mich rechtfertigen und soll mich in meine Eltern hineinversetzen, welche mir genau diese Frage nie beantworten konnten und das bis heute vielleicht sogar bereuen würden, würden sie denn noch leben. Haben sich ja auch nie voll in mich hineinversetzt und gefühlt, wie es ist, Walter zu heissen in einer Zeit … ach was solls.  Hätte ja auch einfach Erich, Wilfred oder Gustav heissen können und das wäre genau so Scheisse gewesen wie Walter und mein Leben wäre irgendwie genau gleich verlaufen oder ähnlich jedenfalls.

Kannst Du mir bitte einen Franken geben – für die Notschlafstelle, für das Zugbillet oder für eine Zigarette oder ein halbes Bier ? Halbes Bier – und wo ist die andere Hälfte ? NEIN ! Oder hätte ich sagen sollen – nein danke ! Schaut mir einfach nochmal ganz ganz frech ins Gesicht und hört einfach nicht auf zu gucken. Ich will überhaupt nicht so frech angeguckt werden. Ich will, dass der jetzt einfach weg guckt. Sofort und gleich und für immer oder zumindest für heute Abend. Walter schwitzt, zittert und ist ein wenig aufgeregt. Walter möchte darüber sprechen. Keiner im Bus, der ihm zuhören will, keiner zu Hause, der ihm zuhören will und Winnetou, der Kater Mikesch oder der Nachrichtensprecher im ARD (Walter mag ARD lieber als SRF) kichern leise … Walter … Du und Dein Name – das ist doch einfach kein Thema. Es juckt wieder und Walter kratzt sich das Jucken weg. Geht schon vorbei – kein Thema aber warum nervt mich das denn so sehr, wenn einer sich ein Fränkli erschleichen oder erlächeln will ?

Walter liest, dass da wieder Wahlen waren. In Zürich. Die in Zürich sind immer früher als die Berner, Basler oder Urner und sie wissen schon, woher der Wind weht (oder machen halt den Wind winden oder sonst furzt man halt mal einen in die richtige oder falsche Richtung). Dass es in der Schweiz ganz viele Menschen und Familien gibt, die sich kaum vernünftig und schuldenfrei über Wasser halten können, das ist für die da einfach kein Thema. Und dass die dann in ihrer Verzweiflung und Trauer und nach einer schönen Nacht mit Vögeln, sonst guten Tieren oder berauschenden Träumen dann nach ein paar Monaten die Frage stellen müssen, wie soll denn dieser Zwerg da heissen ? Walter werden sie ihn nennen, diesen Zwerg, der eigentlich nicht der Ursprung eines tiefen Wunsches ist, sondern einfach nur das Resultat der ganz natürlichen Aufgabe, die fast jeder Mensch und Lebenswesen in der Evolutionstheorie aber auch in fast jeder Religion hat. Vermehre Dich – und – vor allem in zivilisierten Gegenden - gib dem Ding einen Namen. Auch dieser Walter wird Walter werden, auch ihn wird es jucken und keiner will ihm zuhören und einer erbettelt sich eine Nacht in der Notschalfstelle oder einen Joint am Aareufer und Walter wird das vielleicht nerven – auf jeden Fall ein ganz klein wenig.

Die Walter werden Walter bleiben und die nobleren Joachims oder Hans-Günther fahren nicht Bus, werden also auch nicht angequatscht (oder jedenfalls nicht dort und unter diesen miesen Umständen) und kutschieren ihre Nobelfahrzeuge mit Plugin-Hybrid fast geräuschlos von Tiefgarage zu Tiefgararge und stellen – trotz oder dank ein paar helfenden und hochwirksamen Medikamenten fest – dass es ihnen eigentlich ganz gut geht, also ganz so gut zwar schon nicht aber eben halt auch gut genug um sagen zu können, wir könnten ja jammern, klagen oder wehleiden – auf sehr hohem Niveau – aber besser noch wir heben das Glas voll perlendem Saft und sagen: kein Thema!

PS: Walter sah am darauf folgenden Sonntag vor der Kirche, wie auch der Joachim mit seiner hübschen blonden Frau mit einem Rock, der vielleicht ein ganz klein wenig knapp aber dennoch in dezentem Schwarz da war. Und dann dieses aufreizende Lächeln und der junge kecke Bub mit Namen Hans-Günther. Und wie sie beim Herausgehen aus dieser Kirche und nach dem herzhaften Händedruck mit dem Priester ein Etwas in die Schatulle gleiten liessen, das weder Klang und noch Nachklang hervorrief sondern nur den diskreten Beifall des Priesters. Darf man ja auch – auch in der Kirche – kein Thema. Und der Gemeindepräsident wartete noch ein bis zwei Minuten, bis er den Schlüssel seines PlugIn Hybrids drehte und Erfriede am Bord-Computer den Song

The Rolling Stones - Sympathy For The Devil -HQhttps://www.youtube.com/watch?v=vBecM3CQVD8

verhalten leise startete. 
Elfriede atmete Nostalgie, Jugendbilder und den Duft spätpubertärer Rebellion ein und lehnte sich in dieser noblen und zurückhaltenden Stille zurück, schloss ein ganz klein wenig ihre Augen und überlegte sich, wo sie die Petersilien dieses Jahr anpflanzen sollte. Vor dem Haus oder hinter dem Haus und sie war sich auch nicht mehr ganz so sicher, wie die Nachbarschaft der Petersilien zum Basilikum oder wie die Verträglichkeit mit der „Kaiserin Farah“ war. Vermutlich etwa so wie die Nachbarschaft zu Schärrers auf der linken Seite und Hammers auf der rechten Seite. Schärrers hatten zwar den wesentlich grösseren Schwimm-Pool, dafür überzeugten Hammers mit diesem traumhaften und auf noble Art stilvoll eingerichtete Wintergarten – ausgelegt für laue Sommernächte mit ein wenig Nieselregen. Das ging immer schon so – und es ging doch eigentlich ganz gut so – der in der Mitte macht die Brücke – zwischen Basilikum und Petersilien oder einem edlen Rosenstrauch und Nachbarn, die sich nicht verstehen – nie verstehen werden. Aber, denkt Elfriede, wir arbeiten daran … kein Thema. Nur kurz schweifen ihre Gedanken ab und sie muss wieder daran denken, wie sehr sie ihren Namen nicht, ja gar und eigentlich überhaupt nicht mochte. Aus Elfriede machte ihre Mutter gar eine Elfie, auch als sie schon 16 oder vielleicht noch schon etwas älter gewesen sein musste. Peinlich ! Und vielleicht waren auch die Petersilien unglücklich über ihren Namen. Doch was kümmert das eine als Dekoration hübsch auf dem Teller hergerichtete Petersilie denn noch ? Und … denkt gerade jetzt die Elfriede, wie geht’s wohl dem Walter aus der 5. Klasse von damals. Wird wohl auch kein einfaches Leben gefunden haben, bei den Voraussetzungen des Elternhauses und anderer widriger Umstände. Vom Grill her duftete das Brathähnchen.



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